Die Torheit des Westens-ohne den Putsch gegen Mossadegh läßt sich die Gegenwart des Irans nicht erklären
In der emotional aufgeheizten Debatte um die iranische Atompolitik werden in den westlichen Medien immer wieder die eklatanten Demokratiedefizite des Landes beklagt und eine harte Linie gegenüber Teheran eingefordert. Dabei übersieht man allzu leicht, daß sich die iranische Gesellschaft bereits vor über einem halben Jahrhundert demokratische Verkehrsformen auferlegt hat, die durch einen von Großbritannien und den USA inszenierten Militärputsch zunichte gemacht wurden. Mit dieser Militärintervention machten die USA den Iran zum Gegenteil dessen, was sie eigentlich bekämpften. Stephan Kinzer führt dem Leser in seiner faktenreichen Darlegung der Ereignisse des Jahres 1953 vor Augen, daß der Iran zweifellos eine andere Entwicklung genommen und dieser alten Kulturnation viele spätere Schicksalsschläge erspart geblieben wären, wenn dem Land dieser unkluge, wenngleich brilliant inszenierte Militärputsch erspart geblieben wäre.
Dem bekannten amerikanischen Buchautor und Journalisten Kinzer ist es gelungen, kompakt und zugleich spannend die bislang in der deutschsprachigen Sachbuchliteratur existierende Lücke über den Putsch gegen Mohammed Mossadegh im Jahr 1953 zu schließen. Kinzer versteht es, in unpretentiöser Weise auch den mit der facettenreichen Geschichte des Landes nur mäßig informierten Leser in den Bann der politischen Verhältnisse des Iran zu Beginn der Epoche des Kalten Krieges zu ziehen. Faktenreich schildert er, in dem sehr gut übersetzten Buch, wie aus vornehmlich wirtschaftlichen Interessen und aus dem erlittenen politischen Gesichtsverlust heraus, der britische Premier Winston Churchill die USA nach der Wahl von Eisenhower zum US-Präsidenten zur Intervention zugunsten des Schahs drängten - mit den verheerenden Folgen, die bis in unsere Gegenwart nachwirken.
Neben der Schilderung der Ereignisse kommt dabei auch die ausgewogene Würdigung der Person Mohammed Mossadeghs nicht zu kurz. Dabei wird deutlich, daß die von Mossadegh vorangetriebene Nationalisierung der iranischen Erdölförderung in erster Linie der dringend notwendigen Modernisierung der iranischen Gesellschaft dienen sollte; eine Entwicklung, die nur von innen heraus erfolgen und nicht von außen oktroyiert werden konnte.
Bis heute hat es der Westen nicht verstanden, daß der von Mossadegh betriebene Nationalismus nicht mit einer Ideologie gleichzusetzen war, die dem rechten oder linken Spektrum der Politik zugeordnet werden konnte, sondern vielmehr einem alles umfassenden, zumindest aber vielseitig ausdeutbaren Begriff entsprach.
Wer die aktuelle Politik Irans verstehen will, muß die Ereignisse des Jahres 1953 und seine Folgen kennen und sollte daher dieses Buch gelesen haben. Quelle: http://www.amazon.de
IM DIENSTE DES SCHAH
Am Ende war es das Öl. Es gibt und gab viele Gründe für die USA im Iran zu intervenieren: Ein Nuklearprogramm, sozialistische Ansätze, Fundamentalisten, die Feindschaft zu Israel. Am Ende geht es aber um Öl, es ging um Öl 1953 und es geht heute um Öl. 1953 putschte der Schah mithilfe der Amerikaner und Briten gegen den gewählten Premierminister Mossadegh. Es folgen über 20 Jahre brutale Unterdrückungspolitik. Stephen Kinzer schildert wie die Geheimdienste der westlichen Demokratien einen gewählten Premierminister stürzten, um einen Despoten wieder auf den Thron zu heben. Er analysiert wie diese "Operation Ajax" das Ansehen der USA in der Golfregion nachhaltig zerstörte und welche Auswirkung dies auf die Entwicklung des islamischen Terrors hatte.
Ein kritischer Blick auf die amerikanische Außenpolitik, die Gier der Konzerne und die fatalen Folgen kurzsichtigen politischen Handelns. So ist "Im Dienste des Schah" nicht nur ein Geschichtsbuch, sondern ein Appell an Bürger und Politiker in unserer Zeit. Quelle: http://www.amazon.de
Aus dem Inhalt:
( S 167)
Im Mai 1951, zwei Monate vor Harrimans Ankunft, hatten die Briten zwei detaillierte Pläne zur Besetzung des Iran fertig. Der eine hieß in verschiedenen Entwicklungsstadien Buccaneer oder Plan Y und sah den Einsatz von 70000 Mann vor, die vom Meer her mit maximaler Unterstützung aus der Luft Raffinerie und Ölfelder "sichern" sollten.
(...) Die Briten dürften sich nicht "von persischen Grasaffen herumschubsen lassen"(...)
( S 171) Die Briten wollten verhindern, dass die National Iranian Öil Company arbeiten konnte. Dafür sabotierten sie zunächst diskret die Raffinerie in Abadan. (...) damit die Maschinen nicht liefen und neue Führungskräfte nicht nachvollziehen konnten, wie der Betrieb organisiert war.(...)
( S 232 )
-Durch eine Reihe von Instrumenten werden Geheimagenten die öffentliche Meinung manipulieren und so viele Iraner wie möglich
gegen Mossadegh aufbringen. Für "die Schaffung, Ausweitung und Verstärkung des öffentlichen Misstrauens und der Angst vor Mossdegh und seiner Regierung" sind 150 000 Dollar vorgesehen. Mossadegh ist als korrupt, prokommunistisch, islamfeindlich darzustellen, ein Mann, der die Moral und Kampfbereitschaft der bewaffneten Streitkräfte untergräbt.
-Während iranische Agenten diese Lügen verbreiten, sollen gedungene Verbrecher religiöse Führer angreifen und dein Eindruck erwecken, Mossadegh und dessen Unterstützer steckten dahinter.
-General Zahedi überredet und besticht gleichzeitig so viele Offiziere wie möglich, um den Putsch militärisch unterstützen zu können. Er erhält 60.000 Dollar, die auf 135.000 Dollar erhöht werden, um "weitere Freunde zu gewinnen" und "zentrale Personen zu beeinflussen".
-11.000 Dollar pro Woche sind für die Bestechung der Parlamentarier vorgesehen.
-Am Morgen des Umsturzes, sollen Tausende bezahlter Demonstranten gegen die Regierung auf die Straße gehen. Das majlis wird mit einer "quasi-legalen" Abstimmung reagieren und Mossadegh abwählen. Wenn er sich weigert, stehen Armeeeinheiten unter Zahedis Führung bereit, verhaften in und die wichtigsten Anhänger, besetzen Kommandozentralen, Polizeistationen, Telefon- und Telegraphenämter, Rundfunkanstalten und die Nationalbank.